„Da sitzen buddhistische Mönche in orangfarbenen Gewändern in ihrem Bergkloster, und tun den ganzen Tag nichts anderes, als an Nichts zu denken. Das hat mit meinem Leben ja wohl wenig zu tun. Und wozu soll das überhaupt gut sein? Du immer mit deinem Esoterik-Kram. Nee, das ist nichts für mich!“.
Solche Aussagen höre ich öfter – auch von Freunden. Ich lasse es dann meist dabei. Jeder darf auf seine Weise und seinem Tempo entdecken, wie er leben möchte und welche Einflussmöglichkeiten wir darauf haben. Und wenn du überzeugt davon bist, dass Meditation nichts für dich ist, dann lies jetzt einfach nicht weiter.
Aber falls dir die folgenden Aussagen bekannt vorkommen und du aber wissen möchtest, was wirklich dahinter steckt, dann lade ich dich herzlich ein, mit mir gemeinsam diese einmal zu hinterfragen und dir dein eigenes Bild zu machen.
1. „Das ist nur was für buddhistische Mönche!“
Falsch! In fast allen Kulturen und Religionen gehört sie seit Jahrtausenden zur täglichen Praxis. In östlichen Kulturen spricht man von `Meditation`, im Judentum und Christentum von `Kontemplation`. Der Buddhismus hat besonders viele und detaillierte Schriften mit Anleitungen hervorgebracht, aber auch in christlich geprägten Religionsgemeinschaften wird sie (wieder) zunehmend angeleitet und praktiziert.
2. „Die sitzen da und denken an Nichts!“
Meditation ist alles andere als „an Nichts zu denken“! Einerseits bedeutet Meditation „das Nachdenken über“ – lat. Meditatio, aber auch „zur Mitte ausrichten“ – lat. Medius, die Mitte.
Und das bedeutet höchste Konzentration und vor allem Anfangs auch eine gewisse Anstrengung. Es geht darum, die Gedanken und Geist zur Ruhe zu bringen, von störenden Einflüssen zu reinigen, um die Dinge so erkennen und verstehen zu können, wie sie wirklich sind (bei den Buddhisten, um so Erleuchtung zu erlangen).
Um dies zu erreichen gibt es verschiedene Meditationstechniken. Bei allen geht es darum, die Aufmerksamkeit ganz gezielt auf ein Objekt zu richten und dort zu halten. Das können Betrachtungen des Körpers, des Atems, Geräusche, Bewegungen, Tätigkeiten, Gedanken oder Gefühle sein.
Das ist gar nicht so einfach, denn sobald wir dies versuchen, tauchen Gedanken auf, die nichts mit unserem Meditationsobjekt zu tun haben. Ziel ist es, diese zu bemerken und dann loszulassen, um die ganze Aufmerksamkeit wieder auf z.B. den Atem zu richten.
Wir sind es gewohnt, auf den Zug unserer Gedanken aufzuspringen und mit ihnen weg zu driften. In der Meditation üben wir, den wilden Gedankenstrom zu beruhigen, um dann zu schauen, was denn da alles so los ist. Viele sind erstmal entsetzt, wie viele Gedanken thematisch wild durcheinander auftauchen. Und dann gilt es, den Gedanken nicht nachzuhängen, sondern sie zu bemerken und dann wieder los zu lassen. Das erfordert Willen und Anstrengung. Nach und nach (und mit viel Übung und Geduld mit dir selbst) verebbt der Gedankenstrom und nur noch einzelne Gedanken tauchen auf und lösen sich wieder auf. Dazwischen entsteht eine wache Klarheit und Ruhe. Diesen geistigen Zustand benötigen z.B. die Mönche, um frei von ablenkenden Gedanken Klarheit über religiöse oder philosophische Themen nachzudenken.
Meditation lässt sich in drei Stufen einteilen:
- Die Meditationsübungen (Achtsamkeitsübungen zur Lenkung der Konzentration auf z.B.: Atem, Körper, Geräusche, Bewegungen/Yoga, Gedanken, Gefühle)
- Den meditativen Zustand halten (geistige Ruhe, Klarheit und Entspannung)
- Den meditativen Geisteszustand für die Auseinandersetzung mit bestimmten Themen/Fragen nutzen
3. „Alles sein lassen, wie es ist: das ist doch Gleichgültigkeit!“
Wir hören in Anleitungen oft „Alles darf so sein wie es ist. Nimm es einfach wahr ohne zu bewerten, ohne es anders haben zu wollen.“
Das kann man in der Tat im ersten Moment so verstehen, als sollten wir uns alles gefallen lassen, alles einfach hinnehmen. Es bedeutet aber das genaue Gegenteil: Durch unser ständiges Bewerten, unsere festen Vorstellungen und automatischen Reaktionen sehen wir die Dinge durch eine sehr getrübte Linse. Diese getrübte Linse entfernen wir in der Meditation und können die Dinge (oder Gedanken) klar und ohne Trübung unserer Wahrnehmung betrachten und erkennen, wie sie wirklich sind (oder auch, was sie nicht sind). Mit regelmäßiger Meditationspraxis wirst du wesentlich berührbarer, empathischer und emotionaler. Gleichzeitig gehen die Ausschläge von Angst- und Aggressionsreaktionen zurück. Das bedeutet, du wirst gelassener, denn du lernst in der Meditation, dass du nicht sofort oder automatisch reagieren musst, und kannst besser wahrnehmen und einschätzen, was los ist und was eine angemessene Reaktion ist (oder ob überhaupt eine nötig ist „wie schlimm ist das jetzt wirklich?“).
Wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir erstmal akzeptieren, dass es so ist, wie es jetzt ist. Oder auch den Zustand, in dem wir selber sind, erkennen und annehmen. Wenn mein Fahrrad einen Platten hat, nützt es nichts zu sagen: „das darf doch nicht wahr sein!“ Wenn du es ablehnst und anders haben willst, änderst du nichts und hast Stress und kannst nicht nachdenken. Doch, es ist wahr! Es ist platt. Aha! Und dann hol die Luftpumpe.
Das gleiche gilt, wenn du während der Meditation bemerkst, dass deine Gedanken ständig abdriften:
„Alles darf so sein wie es ist. Nimm es einfach wahr ohne zu bewerten, ohne es anders haben zu wollen.“ Dadurch nimmst du sofort den Druck raus und kannst gelassen weiter meditieren.
4. „Das ist doch alles Hokuspokus!“
Die Wissenschaft interessiert sich schon seit Jahren für die Veränderungen, die durch Meditation entstehen. Die positive Wirkung von Achtsamkeits- und Meditationsübungen wurde durch zahlreiche Studien belegt.
Insbesondere kann bei Langzeitmeditierenden eine vermehrte Aktivität und Zunahme des Gehirngewebes im präfrontalen Kortex bemessen werden. Dieser Bereich ist an emotionaler Gelassenheit und positiven Empfindungen wie Glück, Freude und Genuss maßgeblich beteiligt.
Und jeder, der beim Meditieren schon einmal erlebt hat, wie der Geist zur Ruhe kommt, konnte den direkten Einfluss auf das vegetative Nervensystem spüren: alle Körpervorgänge beruhigen sich und ein Zustand von Gelassenheit und Entspannung wird erreicht.
5. „Meditation ist auch bloß eine Art Entspannungsübung!“
Die erste Erfahrung, die man anfangs oft macht, ist, dass es in der Regel alles andere als ruhig, entspannend und wohltuend ist, wenn man das erste Mal für längere Zeit die Augen schließt und vermeintlich nichts tut. Richtig ist, dass wir durch regelmäßige Meditation in einen ruhigen und angenehmen Zustand kommen können, Stressreaktionen verringern und gelassener im Alltag werden.
6. „Die Mönche haben ja auch viel Zeit und Ruhe. Das ist ja wohl von meinem westlichen Alltag sehr weit entfernt, oder?!“
Das stimmt. Im ruhigen Kloster fernab von aller Hektik sind die Bedingungen natürlich sehr günstig. Es gibt aber inzwischen sehr viele Meditationsanleitungen, die das schnelllebige westliche Leben berücksichtigen. Bereits 10 Minuten Meditation am Tag hat nachweislich positive Auswirkungen auf Stressempfinden und Zufriedenheit und das können wir ja gerade in der Großstadt so gut gebrauchen.
7. „Ich kann nicht im Meditationssitz sitzen, das ist nichts für mich.“
Du musst nicht stundenlang im Lotussitz hocken können. Das ist eine Sitzhaltung, an die wir Europäer nicht gewöhnt sind. Du kannst auch im Schneidersitz mit einer Sitzerhöhung (Meditationskissen) oder im Fersensitz oder einfach auf dem Stuhl sitzen. Wichtig ist lediglich, dass du guten Bodenkontakt hast (auf dem Stuhl beide Füße nebeneinander), entspannt aufrecht sitzt (Wirbelsäule aufgerichtet, möglichst nicht angelehnt, Kinn leicht Richtung Brust geneigt, um die Halswirbelsäule zu entlasten). Dann bist du präsent und selbst- “bewusst“.
Übrigens: bisher sind alle eingeschlafenen Beine wieder aufgewacht-ganz ohne bleibende Schäden 🙂
8. „Und was soll das bringen?“
Schon bei 10-minütiger täglicher Meditationspraxis wirst du langfristig positive Veränderungen in folgenden Bereichen feststellen:
- Gefühl der Entspannung, Ruhe und Gelassenheit
- Gesteigerte Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit
- Stärkung von Selbstakzeptanz, Selbstvertrauen und Selbstidentität
- Toleranzerhöhung gegenüber Anderen (und dir selber)
- Stabilere, ausgeglichenere Grundstimmung, Zufriedenheit
- Steigerung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit
- Zunahme von Kreativität
- Senkung des Blutdrucks und des Cholesterinspiegels
- Stärkung des Immunsystems
- Besserung der Symptome bei: Magengeschwüren, Verdauungsstörungen, Asthma, Epilepsie, Multipler Sklerose, Allergien, Kopfschmerzen, Akne, Verspannung, Bluthochdruck, chronischen Schmerzen, Angstzuständen (z.b. bei Krebs), Einschlafstörungen, Erschöpfungserkrankungen wie Burnout
- Mehr Energie und Lebensfreude
9. „Ich bin zu alt, um das noch zu lernen!“
Meditation kann jeder lernen, auch in fortgeschrittenem Alter. Unser Gehirn ist bis zu unserem letzten Atemzug lern- und wandelfähig. Das nennt man Neuroplastizität.
Empfehlenswert ist es, anfangs unter Anleitung eines erfahrenen Lehrers zu beginnen. Wer alleine übt, sollte erst einmal mit einer Minute beginnen und dann langsam steigern. Wichtige Werkzeuge dabei sind Geduld und Dranbleiben! Es lohnt sich!
Wenn auch du Meditation ausprobieren möchtest, Schritt für Schritt herangeführt werden, Fragen stellen und dich in einem vertrauensvollen Rahmen über deine Erfahrungen austauschen möchtest, melde dich für meinen Kurs an:
Buch-Tipps:
Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst (Ulrich Ott)
Gesund durch Meditation (Jon Kabat Zinn)
Meditation für Anfänger: + CD mit 6 geführten Meditationen (Jack Kornfield)